Gemeindenachricht

Ein bunter Fastnachtsgottesdienst mit Überraschungsgast



Anlässlich der 725 Jahr-Feier fand am Faschingssonntag in der voll besetzten Kirche St. Wendelin Reichenbach ein Faschingsgottesdienst statt.

Viele Gottesdienstbesucher gaben ein ungewohntes, da buntes Bild ab. Alle wichtigen Faschingsorganisationen kamen nämlich mit ihren Faschingsbekleidungen. Die Katholische Frauengemeinschaft Reichenbach und die Waldbronner Hexengruppe waren mit ihren Abordnungen vertreten. Ebenso die Elferräte des Musikvereins Lyra Reichenbach und der Concordia Reichenbach mit ihren schicken Fastnachtsanzügen.
 
Nachdem Pfarrer Thorsten Ret den Wortgottesdienst beendet hatte, wurde es ganz still in der Kirche. Was war los?
Im Mittelgang tauchte plötzlich eine Clown (Willibald Masino) auf. Er hüpfte fröhlich durch den Gang und winkte den Menschen freundlich zu. Er verschenkte sogar Bonbons. Einigen Besuchern wuschelte der bunt gekleidete Clown durchs Haar.
Kurz vor dem Altar begann er das Lied „Oh mein Papa anzustimmen“, er ging weiter zum Altar und als er dann auf einmal in Blickkontakt mit Pfarrer Ret hatte, begrüßte er ihn lautstark und es kam zu folgendem Dialog:
 
Clown: Ja, Hallo, Du da! Du siehst ja witzig aus! Deine Verkleidung ist auch toll! Bin ich hier richtig?

Pfarrer Ret: Ähm, Hallo?! Richtig wofür? Was machst Du denn hier? Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Du richtig bist. Was suchst Du denn?
Außerdem bin ich nicht verkleidet!

C: Ach, ne? Mir gefällt das! So bunt hier. Wenn Du nicht verkleidet bist: Läufst Du immer so rum?

P: Nein, auch nicht! Ach Du bringst mich ganz durcheinander! Aber warum bist du denn verkleidet? Warum hast du dich denn bis zur Unkenntlichkeit geschminkt.

C: Es ist doch Fassnacht, da manch man das so!

P: Ach und du bist man, oder wie?

C: Das sagt man halt so. Alle verkleiden sich an Fasching. Ich verkleide mich und ganz viele andere auch.

P: Ja, und warum verkleidest Du Dich?

C: (Überlegt) – mmh, ich find´s toll. Da schlüpfe ich in eine andere Rolle. Dieses Jahr bin ich ein Clown. Da kann ich besser aus mir rausgehen. Sachen sagen, die mich bewegen, die ich schon immer mal sagen wollte, die ich mich im normalen Leben nicht traue. Ausserdem bin ich eher schüchtern. Denn als Beamter ist das nicht so einfach. Da bin ich an Regeln gebunden, kann aus meiner Haut raus, in eine andere Haut schlüpfen. Da kann ich manchmal die Sau rauslassen.
Und manchmal wäre ich gerne jemand ganz anderes.

P: Wieso dass denn?

C: Komm, das will doch jeder. Keiner ist wirklich ganz mit sich zufrieden. Alle wollen irgendwas an sich verändern: Größer sein, sportlicher, Superman, … anders halt. Besser bei den Leuten ankommen.

P: Stimmt. Das kenne ich. So ganz zufrieden ist der Mensch mit sich nie.
Aber nochmal zu deiner Frage vorhin: Du hast gefragt, ob du hier richtig bist.

C: Stimmt. Und was ist jetzt?

P: Ich glaube in gewisser Weise schon, nur vielleicht anders als Du erwartest. Schau dich mal um: Hier sitzen wir, im Gottesdienst: Junge und Alte, Dicke und Dünne, Große und kleine, Blondhaarige, dunkelhaarige, grauhaarige, wie ich. Nationalitäten spielen keine Rolle; Gesunde und kranke sind hier, fröhliche und traurige Menschen dürfen da sein, mit dem, was sie bewegt.
Weißt Du, das tolle ist, dass wir uns vor Gott nicht verstellen und verkleiden müssen. Wir tragen draußen in der Welt und in der Gesellschaft in unseren unterschiedlichen Rollen unterschiedliche Masken. Oft müssen wir in den unterschiedlichen Masken und Rollen funktionieren.
All das müssen wir hier in dieser Stunde erstmal nicht und vor Gott schon gar nicht. Hier dürfen wir sein, wie wir sind und wer wir sind. Wir brauchen vor Gott keine Masken tragen. Das wäre einfach albern, denn den Menschen können wir was vormachen, aber Gott können wir nichts vormachen. Der sieht hinter jede Fassade, kennt uns durch und durch –

C: …(wirft ein): ….oh, wie peinlich. 

P: manchmal schon. Aber eigentlich ist es gar nicht so schlimm. Denn Gott ist für mich wie ein sehr, sehr guter Freund, der mich durch und durch kennt und mich trotzdem mag und zu mir
hält.

C: Echt?! (überrrascht und interessiert)

P: Und vor einem Freund muss ich mich nicht verkleiden, vor einem Freund brauche ich, Gott sei Dank, keine Masken tragen.

C: Da hast du Recht! Jetzt komm ich mir beinahe ein bisschen komisch vor, mit meiner Maskerade. - Ja, aber jetzt noch mal zu Dir: Warum verkleidest Du dich denn eigentlich, wenn Du hier – was macht ihr, nochmal gleich – ach, ja „Gottesdienst“ feiert.

P: Im Grunde genommen hast Du schon auch recht, wenn Du von Verkleidung sprichst. Nur verstecke ich mich nicht hinter einer Maske, sondern trete hinter eine Aufgabe zurück. Hier kommt es nicht so sehr auf meine Person an, sondern auf meine Rolle, meine Aufgabe: Als Pfarrer stehe ich für Christus, und mache, was er damals mit seinen Jüngern gemacht hat. Er spricht zu ihnen über Gott, das mache ich im Evangelium; er teilt mit ihnen sein Leben und das Brot und den Wein, wie beim letzten Abendmahl. Für einen kurzen Moment trete ich in die Rolle
Jesu, wenn ich genau seine Worte benutze – ….

C: D.h. du machst das stellvetretend für Jesus, weil der nicht mehr da ist.

P: So könnte man es auch sagen. …und gleich danach trete ich wieder heraus und zurück und mache eine Kniebeuge vor ihm, der da ist, in dem Brot und in dem Wein. 

C: Das hört sich ziemlich kompliziert und geheimnisvoll an.

P: Geheimnisvoll ist es irgendwie schon.

C: Das bedeutet, für Dich ist der Sohn Gottes nachher in diesem Brot da und in dem Wein?

P: Genau. Das ist das, worauf ich vertraue, was ich glaube. 

C: Echt??? Immer???

P: Naja, wenn ich ehrlich bin. Ist es mir manchmal klarer, manchmal eher fremd, wie Dir! Manchmal muss ich es mir wirklich klar machen, was hier passiert.

C: (Denkt wieder nach): Aber Du, sag mal, wenn ich mirs recht überlege, dann verkleidet sich Jesus ja auch.

P: Hä? Das versteh ich jetzt nicht!

C: Ja, dann versteckt der sich im Brot und im Wein, und manche erkennen Ihn, manche nicht. So wie bei mir! Manche wissen, wer ich bin, manche erkennen mich nicht.

P: So gesehen ist da was dran: Die äußere Hülle ist verändert, aber der Kern ist der gleiche. Du bist immer noch der Selbe, aber die äußere Hülle hat sich und dein Erscheinungsbild verändert.

C: Stimmt und vielleicht bin ich ja auch gerne mal ein Narr, tief in mir drin ein bisschen verrückt und kann es mit der Verkleidung besser ausleben.

P: Dann wärst Du ein Narr Gottes! Vielleicht ist das deine Berufung!

C: WASS????

P: Es gibt Heilige, zu denen man Narren Gottes sagt, weil sie sich für Gott und aus Liebe zu Gott in den Augen der anderen Menschen lächerlich machen. Ihr Geld verschenken für Arme, Kranke pflegen, sich um Randgestalten kümmern. Sie haben erkannt, was sie gut können und welche Gaben sie in sich tragen und das tun sie dann, ohne auf die Meinung der anderen zu achten. Was kannst du denn gut?

C: Blödsinn machen, Witz erzählen. Andere zum Lachen bringen.

P: Vielleicht ist das deine Begabung: andere zum Lachen zu bringen, verrückte Ideen umzusetzen, zu organisieren und Leute zum mobilisieren, wie es Clowns machen. Dann ist deine Verkleidung mehr als eine Verhüllung. Dann wäre sie sogar eine Enthüllung. Sie zeigt Dir, was in dir steckt und du kannst Dir überlegen für wen Du das einsetzt.  Ich glaube, du bist auf jeden Fall richtig hier. Mit oder ohne Verkleidung. So, wie Du bist, so wie Gott Dich sieht, bist Du angenommen und hoffentlich jetzt auch angekommen. Wenn du willst, feiern wir jetzt weiter.

C: Gerne doch, ich bleib so wie ich bin, mal ernst, mal heiter. Und ihr hoffentlich auch, Ihr Herren und Ihr Damen!

P: Amen.
 
Am Ende des gelungenen und würdigen Gottesdienstes, dankte Pfarrer Ret allen Mitwirkenden und lud die Gottesdienstbesucher in den Hof des Pfarrheimes ein,  um sie vom Balkon aus mit Bonbon zu versorgen.
 
 
Fastnachtsgottesdienst 2017

 
Pfarrer Ret und Clown im Zwiegespräch.