Gemeindenachricht
"Let it be"- Kitsch und Tragik der 70er Jahre
mit Julia von Miller, Anatol Regnier und Frederic Holay
22.04.2018
Oft werde über die Schlager der 70er die Nase gerümpft. Anatol Regnier aber, Enkel des Schriftstellers Frank Wedekind, stellte sie in den Kontext ihrer Zeit, die er pointiert beschreibt und sagt: "Der Schlager ist ein Spiegel der Gesellschaft!"Julia von Miller eröffnete den Abend mit dem stimmig vorgetragenen Beatles-Hit "Let it be", zu dem, wie auch den anderen Titeln der ungarische Pianist Frederic Hollay ein kongenialer, souveräner Begleiter war, auch wenn es darum ging, von Miller und Regnier mit einer dritten Gesangsstimme zu ergänzen.
Die Schlager dieser Jahre erzählten Geschichten. Dem einleitenden Beatles-Titel setzt das Trio Roy Blacks "Du bist nicht allein" und "Schön ist es auf der Welt zu sein" gegenüber. In den Zeitgeist passte auch "Das bisschen Haushalt" und ein Charles Aznavour Chanson. Der erste Teil endete mit einem fulminanten Medley aus Heino-Schlagern, bei dem auch die Zuhörer aus sich herausgingen und kräftig mitklatschten.
Mit dem von Julia von Miller temperamentvoll gesungenen "Theo, wir fahren nach Lodz" begann der zweite Teil. Zur Ölkrise leitete der Song über "Im Wagen vor mir fährt ein junges Mädchen". Auch Karel Gott, laut Regnier "Sinatra des Ostens", kam mit seiner "Babicka" zu Ehren, bei der Julia von Miller den vom Publikum aufgenommenen Rhythmus mit ihrem ganzen Körper unterstützte. Ebenso durfte ein Blick in die DDR nicht fehlen, wo Nina Hagen mit "Du hast den Farbfilm vergessen" einen Hit landete. Und für Österreich stand natürlich Peter Alexander mit "Die kleine Kneipe in unserer Straße".
Englische Ankerpunkte im ansonsten deutschsprachigen Programm waren neben "Let it be" noch Simon und Garfunkels "Bridge over troubled Water" und John Lennons Pop-Klassiker "Imagine".
Nicht ausgespart wurde beim Blick auf das Jahrzehnt auch das Attentat bei den Olympischen Spielen in München, nach dem "nichts mehr so war wie vorher" und der heute ganz aktuellen Feststellung Anatol Regniers: "Aller Hass ändert nichts daran, dass die begabtesten Künstler und die kreativsten Köpfe immer wieder Juden waren!"