Gemeindenachricht
Beschlüsse zur Haushaltssicherung vorbereitet: Konsolidierungsmaßnahmen erarbeitet
Die Rechtsaufsichtsbehörde hat der Gemeinde Waldbronn zur Erhaltung der selbstständigen Finanzhoheit Ende Februar 2023 die gelbe Karte gezeigt. In den vergangenen Jahren wurden leider zu viele Maßnahmen zu Lasten der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel beschlossen, so dass die Rechtsaufsicht die dauerhafte Aufgabenerfüllung gefährdet sieht. Die noch heute gegenwärtigen Krisen (unter anderem Corona-Virus, Energiekrise, Krieg in der Ukraine, Inflation) haben diese Entwicklung noch verschärft. In den kommenden drei Jahren weist der Haushalt der Gemeinde Waldbronn ein ergebniswirksames Defizit in Höhe von insgesamt rund 17 Millionen Euro auf. Die Gemeinde ist daher von der Aufsichtsbehörde aufgefordert, bis zum 30. September 2023 ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen. Darin soll aufgezeigt werden, wie die Gemeinde Waldbronn langfristig ihre Aufgaben erfüllen kann.
Vor diesem Hintergrund hat die Haushaltsstrukturkommission des Gemeinderats gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung in vielen Arbeitssitzungen getagt, Konsolidierungsmaßnahmen und Einnahmepotenziale erarbeitet und untersucht, Entscheidungsgrundlagen aufbereitet und zur Vorberatung in die Ausschüsse des Gemeinderats gebracht. Insgesamt wurden rund 20 Maßnahmen sorgfältig geprüft. Einige Vorschläge nahm das Gremium genauer unter die Lupe - zeitintensivere oder nicht kurzfristig umsetzbare Vorschläge wurden auf einen späteren Zeitpunkt vertagt, weil im Haushaltssicherungskonzept nur konkrete Beschlüsse aufgenommen werden können.
Nach intensiven Vorbereitungen und Vorberatungen in den Ausschüssen verblieben fünf konkrete Maßnahmen, die am Mittwoch, 19. Juli 2023, ab 18 Uhr im Kurhaus Waldbronn zur Beratung und Beschlussfassung in öffentlicher Gemeinderatssitzung vorliegen werden. Im Interesse der Bürgerinnen und Bürgern von Waldbronn gibt es keine tragbare Alternative als den Haushalt zu konsolidieren.
Folgende Maßnahmen für das Haushaltssicherungskonzept werden in der Gemeinderatssitzung beraten:
1. Kaufinteresse am Grundstück Eistreff
Die Firma Agilent Technologies grenzt direkt an das Grundstück des Eistreffs Waldbronn. Im jüngsten Austausch signalisierte Agilent Technologies, zuletzt auch schriftlich, dass Flächen für das Wachstum am Standort Waldbronn benötigt werden. Dafür wurde eine Kaufabsichtserklärung für das Grundstück Eistreff ab dem Jahr 2026 abgegeben. Als großer Arbeitgeber ist Agilent Technologies ein wichtiger Wirtschaftsfaktor unserer Gemeinde, aber auch in der Region. Entwicklungsperspektiven am Standort zu verwehren wird mittel- und langfristig negative finanz- und wirtschaftspolitische Folgen für die Gemeinde haben. Gleichzeitig stehen bis Ende September 2025 Verhandlungen mit der gemeinnützigen Betreibergesellschaft über die Verlängerung des Mietvertrags an.
Die gemeinnützige Betreibergesellschaft hat in den letzten zwei Jahren großartige Arbeit im Eistreff geleistet. Das Defizit für die Gemeinde konnte gegenüber dem kommunalen Eislaufbetrieb gesenkt werden. Dennoch weist der Eistreff Waldbronn 2021 ein ergebniswirksames Defizit in Höhe von rund 219.000 Euro und ein zahlungswirksames Defizit in Höhe von 28.000 Euro aus. Dabei mussten 2021 die vertraglich zugesagten Reparaturarbeiten an Dach und Fach nicht in Anspruch genommen werden. Das zahlungs- und ergebniswirksame Defizit könnte in den Folgejahren somit größer ausfallen.
2. Volkshochschule (VHS) – Interkommunale Zusammenarbeit mit der Stadt Ettlingen
Die VHS in Waldbronn soll künftig noch moderner und wirtschaftlicher werden. Mit diesen Zielen vor Augen ist die Gemeindeverwaltung Waldbronn an die VHS Ettlingen herangetreten. Sie führte mit der Einrichtung Gespräche, wonach diese künftig die Kurse in Waldbronn in Eigenregie übernehmen soll. Die Gespräche haben sich als sehr konstruktiv und vorteilhaft für beide Seiten erwiesen.
Die interkommunale Kooperation zwischen Waldbronn und der VHS Ettlingen soll ermöglichen, dass bewährte, gut nachgefragte und finanziell tragfähige Kurse weiterhin in Waldbronn angeboten werden. Vorbild für die angestrebte Kooperation ist das Angebot der Musikschule Ettlingen in Waldbronn. Für beide Seiten würde die Kooperation die Chance eröffnen, dass ein wirtschaftlich attraktiver Kursbetrieb angeboten und die finanzielle Belastung für die Gemeinde Waldbronn reduziert wird. Nach den ausgehandelten Konditionen würde Waldbronn die Räume, zu denen sich der Gemeinderat und die Gemeindeverwaltung klar bekennen, kostenfrei für den VHS-Betrieb von Montag bis Freitag (15 Uhr) zur Verfügung stellen. Für die Nutzung am Wochenende bestünde damit künftig die Möglichkeit, das Gebäude wirtschaftlich zu vermarkten.
Ein entsprechendes Konzept könnte in den kommenden Monaten ausgearbeitet werden. Zusätzlich leistet die Gemeinde Waldbronn in den ersten drei Jahren einen Zuschuss in Höhe von 30.000 Euro jährlich. Trotz dieser Zugeständnisse von Waldbronn verbessert sich das Ergebnis im VHS-Betrieb um rund 63.000 Euro pro Jahr. Somit kann sowohl das Angebot erhalten und sogar aufgewertet werden, als auch ein wichtiger Beitrag zur Haushaltskonsolidierung geleistet werden. Mit der Vermarktung könnten zusätzliche Einnahmen generiert werden, die die Kosten für das Gebäude teilweise gegenfinanzieren würden.
3. Anpassung der Gebühren für die Schulkindbetreuung
Eine sehr schmerzliche Diskussion mussten die Verwaltung und die Gemeinderatsmitglieder zu den kommunalen Kernzeit- und Hortbetreuungen führen. Auch mit dem Rechtsanspruch auf einen Ganztagsbetreuungsplatz ab dem Schuljahr 2026/2027 handelt es sich hierbei um eine freiwillige Aufgabe der Gemeinde. Zwar könnte nach den Arbeiten in der Haushaltsstrukturkommission im Ergebnis die Einführung von Ganztagsgrundschulen das Defizit verringern. Doch einig waren sich Verwaltung und Gemeinderatsvertreter, dass dies keine Angelegenheit ist, die kurzfristig entschieden werden kann. Fraglich hierbei ist, ob das für den Bildungsstandort Waldbronn der richtige Weg sei. Die kommunalen Betreuungseinrichtungen werden aufgrund ihrer Flexibilität und Qualität sehr geschätzt.
Stattdessen wurde die Einnahmen- und Ausgabenstruktur der Schulkind-Betreuungen untersucht. Bei den Sachausgaben, den Personalkosten sowie den Gebäudekosten zeigte sich, dass kein Spielraum vorhanden ist. Bei einem erwarteten Defizit im Jahr 2023 in Höhe von 590T€ war jedoch klar, dass gegengesteuert werden muss.
Mit dem Umzug in den Anbau an der Waldschule in Etzenrot wird künftig die dortige Kernzeitbetreuung in einen betriebserlaubnispflichtigen Hort umgewandelt (Beschlussfassung durch den Gemeinderat am 12.07.2023). Damit wären an allen drei Grundschulen Hortbetreuungen möglich. Diese haben den Vorteil, dass Empfänger von Sozialleistungen die Gebühren für die Betreuung vom Landkreis erstattet bekommen. Kurzfristig ließe sich das Defizit allerdings nur durch eine Erhöhung der Gebühren reduzieren. Der Kostendeckungsgrad liegt in den Einrichtungen aktuell zwischen zehn und 22 Prozent. Das kommunale Ziel im Schlüsselprodukt Kinderbetreuung im Haushaltsplan sieht eine Kostendeckung von 60 Prozent vor. Für eine derartige Kostendeckung müssten die Gebühren allerdings um mehr als 100 Prozent erhöht werden, was nicht darstellbar ist. Es wurde dennoch die Notwendigkeit erkannt, die Gebühren erheblich anzuheben, damit sich die Gemeinde Waldbronn die kommunalen Betreuungen dauerhaft leisten kann. Daher wird in der Sondersitzung am 19.07.2023 über eine Erhöhung um 25 Prozent beraten. Das Defizit reduziert sich dadurch um rd. 200T€ und der Kostendeckungsgrad erhöht sich auf rund 39 Prozent.
4. Vereinsförderung – Festlegung und Bestätigung von Grundsätzen
Das ehrenamtliche Engagement und die Vereine sind für die Waldbronner Gemeinschaft unverzichtbar und besitzen einen hohen Stellenwert. Die Gemeinde Waldbronn lebt von der Vereinsvielfalt und den diversen Angeboten. Dennoch mussten auch hier die freiwilligen Leistungen kritisch überprüft werden. Für die Vereinsförderung in der Gemeinde Waldbronn wurden in den letzten beiden Jahren über 330.000 Euro ausgegeben.
Die Haushaltsstrukturkommission stellte fest, dass teilweise Regelungen zur Vereinsförderung überholt oder nicht mehr klar definiert sind. Es gibt zwar eine Vereinsförderrichtlinie, diese allein reicht jedoch nicht aus, um die Vereine transparent und bedarfsgerecht zu fördern. Einen ersten Schritt für mehr Transparenz hat der Gemeinderat mit einem Budget von 30.000 Euro pro Jahr geschaffen. Aus diesem Budget können Vereine künftig Anträge für Mittel stellen und Unterstützung von der Gemeinde erhalten. Über die Mittelverwendung entscheidet dabei der Verwaltungs- und Sozialausschuss in öffentlicher Sitzung. Details dazu werden in den kommenden Monaten festgelegt und bekannt gegeben.
Zusätzlich soll der Gemeinderat nach Empfehlung der Kommission sowie des Ausschusses künftig konsequent auf die Einhaltung der Vereinsförderrichtlinie achten. Das Kurhaus wird dabei nur noch für Konzerte von Musik- und Gesangsvereine für je ein Konzert/Jahr und Fastnachtsvereine für eine Fastnachtsveranstaltung/Jahr kostenfrei zur Verfügung gestellt werden können. Für andere Nutzungen ist es möglich über das Budget von 30.000 Euro einen Zuschuss zu beantragen.
5. Streichung des freien halben Tags am Faschingsdienstag für Gemeindebedienstete
Der Faschingsumzug mit rund 24.000 Euro Kosten im Jahr 2023 wurde ebenfalls kritisch hinterfragt und überprüft. Während einzelne Sparmaßnahmen nicht kurzfristig umsetzbar wären und einer tieferen Untersuchung bedürfen, wurde der halbe freie Tag für die Gemeindebediensteten als Posten aufgenommen. Eine Regelung aus sehr früher Vergangenheit hatte den Bediensteten den halben Tag zugesagt, damit vor Sperrung der Straßen der Heimweg angetreten werden kann. Da es sich dabei um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers handelt, empfiehlt die Haushaltsstrukturkommission, diese Regelung zu streichen. Dadurch könnten rund 20.000 Euro personelle Ressourcen freigemacht werden, die an anderer Stelle eingesetzt werden könnten. Das Defizit lasse sich dadurch zwar weder zahlungs- noch ergebniswirksam reduzieren. Aber ein gezielter Mitteleinsatz ist ebenso wichtig wie die reine Einsparung von Geldern.
Beschlüsse wären ein wichtiges Signal
Insgesamt kann sich das Haushaltsergebnis mit den vorgeschlagenen Beschlüssen um jährlich bis zu 500.000 Euro verbessern. Bei Umsetzung aller Beschlussvorschläge aus den intensiven Arbeitssitzungen der Haushaltsstrukturkommission sowie der Ausschüsse wäre es ein starkes und notwendiges Signal in Richtung Rechtsaufsichtsbehörde.
Sollten die Beschlüsse nicht ausreichen, droht der Gemeinde Waldbronn mittelfristig eine Zwangsverwaltung durch die Rechtsaufsichtsbehörde. In einer solchen Zwangsverwaltung wäre dann mit weitaus schmerzlicheren Maßnahmen zu rechnen und die Gemeinde läuft Gefahr, ihre finanzielle Selbstständigkeit zu verlieren.
Hinweis: Bei den Beschlüssen im Jahr 2017 hatte die Kommunalberatung Kehl festgestellt, dass für eine gesicherte, dauerhafte Aufgabenerfüllung Einsparungen in Höhe von einer Million pro Jahr nötig seien. Seitdem hat sich trotz großer Einsparbeschlüsse das Ergebnis weiter verschlechtert.