Gemeindenachricht

Herausforderungen des demographischen Wandels

Landes-Demographiebeauftragter Thaddäus Kunzmann in Waldbronn

Auf Einladung des Service Netzwerk Waldbronn (SNW) kam Thaddäus Kunzmann, der Demographie-Beauftragte des Landes Baden-Württemberg, zu einer gemeinsamen Vortragsveranstaltung des SNW Service Netzwerk Waldbronn und der römisch-katholischen Kirchengemeinde Waldbronn-Karlsbad. Pastoralreferentin Dr. Ruth Feeling begrüßte die zahlreich erschienenen Teilnehmer im Pfarrzentrum Ernst Kneis Reichenbach, darunter Bürgermeister Franz Masino und die Vorsitzende des Service Netzwerk Waldbronn, Erika B. Anderer.
Bürgermeister Masino brachte in seinem Grußwort zum Ausdruck, dass der demographische Wandel alle Bürger betreffe und auch die Gemeinde Waldbronn vor "Mammut-Aufgaben“ stelle. Insofern begrüßte er, dass Kunzmann die Sicht des Landes Baden-Württemberg zu diesen umfassenden Problemstellungen aufzeige.

Landes-Demographiebeauftragter Thaddäus Kunzmann sprach bei Service Netzwerk Waldbronn und der katholischen Kirchengemeinde Waldbronn-Karlsbad.

Kunzmann, zum 1. März 2017 von der Landesregierung in sein Amt berufen, beschrieb zu Beginn den demografischen Wandel. Die Bevölkerung werde immer älter und auf geburtenstarke Jahrgänge folgten oft geburtenschwache Jahrgänge. Seine Aufgabe sei es, alle Fakten des demographischen Wandels zu sammeln, Auswirkungen und Problemstellungen aufzuzeigen, Rahmenbedingungen für die nächsten 20 Jahre darzustellen und Grundlagen für die politische Willensbildung und daraus folgende Weichenstellungen für unser Land zu schaffen.
Anhand von Graphiken zeigte er anschaulich Entwicklungen auf, die zu Problemen führen. So ist Baden-Württemberg von allen Bundesländern das Land mit dem stärksten Bevölkerungswachstum, verursacht durch den Zuzug in Folge des wirtschaftlichen Erfolgs. Dieser Zuzug wird in den nächsten Jahren, unabhängig von Flüchtlingsbewegungen, anhalten. Der Siedlungsdruck wird besonders in den Ballungszentren spürbar sein. Darauf müssten sich die Kommunen frühzeitig einstellen. Der ländliche Raum abseits der "Entwicklungsachsen“ werde Einwohner verlieren. Dort stellt sich bereits heute die Versorgungsfrage. Ab 2025 scheiden die geburtenstarken Jahrgänge aus, deshalb muss man sich am Arbeitsmarkt auf die Mobilisierung der Altersgruppen mit höherem Alter einstellen. Das Fachkräftepersonal aus Europa, von dem Baden-Württemberg profitiert, ist begrenzt, dies gilt insbesondere für die Betreuungskräfte aus den osteuropäischen Ländern. In Anbetracht der Zunahme von Hochaltrigen kann dies zu einem besonderen Problem führen. Der Anteil der über 80-jährigen in Baden-Württemberg lag 1960 bei ein Prozent, 2040 werde er auf 9 % steigen. Auf die steigende Zahl der Älteren kommen dann besonders wenige, die Versorgung leisten müssen. Heute werden 70% der Menschen mit Pflegebedarf in der Familie betreut. Die zukünftigen Hochaltrigen haben weniger oder keine Kinder, zum Teil si9nd diese noch berufsbedingt verzogen. Versorgung und Pflege sind deshalb auf andere Art sicher zu stellen.
Daraus leitete der Referent die Handlungsfelder ab. Bei Bauen und Wohnen müssten beim Neubau barrierefreie Wohnungen stärker berücksichtigt werden. Barrierefreiheit bedeute mehr Mobilität, mehr Freiheit und in der Folge weniger Bedarf an Betreuung. Der Wohnungsbau hinke ganz aber hinter dem Bedarf an Wohnungen her. Ausgelöst durch hohe Kosten für Bauland und Mangel an Fachpersonal im Baugewerbe. Kunzmann forderte eine altersgerechte Umgestaltung des Altbestandes. Hier sieht er bei Leerständen auch die Gemeinden in der Pflicht.
Wichtig sei auch das Thema "Versorgungsstrukturen“, dabei müsse "Attraktivitätsverlusten“ im ländlichen Raum entgegengewirkt werden. Kunzmann nannte hier vor allem die hausärztliche Versorgung, die Breitbandversorgung für den Betrieb über schnelle Datennetze, Bus- und Bahnangebote, kulturelle und sportliche Angebote und insgesamt die Notwendigkeit der Vitalisierung der Ortskerne.
Notwendig sei eine Sozialraumplanung, da sich verändernde Familienbindungen zum Verlust von Nachbarschaftsbeziehungen führten. Älteren Menschen müsse es möglich sein, in ihrer eigenen Wohnumgebung zu bleiben, für Zugezogene seinen Hilfen für den Aufbau neuer Bindungen bereit zu stellen. Hier komme dem Ehrenamt eine besondere Bedeutung zu. Zum Schluss seiner Ausführungen führte Herr Kunzmann aus, dass wir noch ein „Zeitfenster“ von 20 Jahren haben, mm den gravierenden Veränderungen und Folgen des demographischen Wandels zu begegnen.
In der Diskussion sah bei der Vielfalt der Problemstellungen Bürgermeister Franz Masino die Landesregierung in der Pflicht, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen und für finanzielle Unterstützung zu sorgen. Weitere Diskussionsbeiträge drehten sich um die Schwierigkeit, Arzttermine bei Zuzug zu bekommen. Auch die Bürokratie im medizinischen Bereich und in Pflegeeinrichtungen kamen zur Sprache. Notwendig sei ein Rahmenkonzept für alle Fragen rund um die demographische Entwicklung und dieses der Bevölkerung transparent zu machen.
Abschließend bedankte sich die SNW Vorsitzende Erika. B. Anderer bei Thaddäus Kunzmann für seinen hochinteressanten Vortrag. Einige der angesprochenen Notwendigkeiten zur Sozialraumplanung seinen in Waldbronn bereits umgesetzt. Das SNW mache bereits Angebote zum betreuten Wohnen in der vertrauten Wohnumgebung.


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Redakteur / Urheber
Karl-Heinz Henge / Helmut Zahnleiter